Die
Geschichte unserer Katzen ist eine Reise in die Vergangenheit der Erde. Die ältesten
katzenähnlichen Wesen (dinictis) lebten vor 40 Millionen Jahren. Sie
hatten einen runden Kopf, lange Eckzähne etwa Luchsgröße und alle
Landraubtiere, auch unsere Katzen (felis), die zur Gattung der
Kleinkatzen (felini) zählen stammen von ihr ab. Die ersten echten Katzen
begannen laut fossilen Überresten vor ca. 12 Millionen Jahren die Erde zu bevölkern.
Mit Felis lunensis lebte eine direkte Urahnin der Wildkatzen, Hauskatzen
und damit auch aller Rassekatzen schon vor der Eiszeit. Aus ihr entwickelten
sich im Laufe der Jahrhunderte die drei Haupttypen Europäische Waldwildkatze ( felis
silvestris silvestris), afrikanische Wildkatze (felis silvestris
libyca) und die Asiatische Wüstenkatze (felis silvestris ornata).
Sie sind die Vorläufer der Haus- und Rassekatzen von heute.
Die
Europäische Waldwildkatze galt lange Zeit auf Grund ihrer kraftvollen muskulösen
Gestalt und ihres üppigen Haarkleides nicht nur als Stammutter der europäischen
Hauskatzen, sondern auch unsere rassigen Waldkatzen. Zähmungs- und
Zuchtversuche zeigten jedoch, dass die Ähnlichkeiten rein äußerlich sind,
denn Waldwildkatzen und auch deren beim Menschen geborenen Nachkommen lassen
sich nicht dauerhaft zähmen.
Dagegen
gilt die in Afrika beheimatete Nubische Falbkatze als recht zutraulich. Sie ist
eine schlanke, eher kleine Katze mit schmalem Kopf, großen Ohren und langem
spitzem Schwanz, mit kurzem sandfarbenem bis rötlichbraunem Fell, dass eine
mehr oder weniger starke Flecken- oder Streifenmusterung aufweist. Die wilden
Falbkatzen suchten immer wieder die Nähe des Menschen und lassen sich auch
leicht zähmen, weshalb man annimmt, dass die Hauskatzen im wesentlichen von der
felis silvestris libyca abstammen. Einen Teil hat wahrscheinlich auch die
asiatische Wüstenkatze felis silvestris ornata eine eher zierliche,
sandfarben bis rötliche hübsch gefleckte kurzhaarige Katze mit langem, spitz
zulaufendem Schwanz zu unseren Hauskatzen beigetragen. Wann und wo genau aus
wilden Katzen Haustiere wurden ist schwer zu präzisieren.
Die
ersten Aufzeichnungen über das Halten domestizierter Hauskatzen stammen aus Ägypten
( 18. Dynastie, Beginn 1552 v. Chr.). Jedoch lassen Funde aus Jericho (7000 v.
Chr.) und Anatolien (6000 v. Chr.) ebenso wie Bilder und Skelettfunde (5000 und
4000 v. Chr.) aus Ägypten darauf schließen das auch schon früher und auch außerhalb
von Ägypten Katzen als Haustiere gehalten wurden.
Noch
heute geben in Ägypten gefundene Katzenfiguren, aus der Zeit der Verehrung der
Katzengöttin Bastet, Aufschluss über das Aussehen der Katzen vor rund 4000
Jahren. Sie stellen eine schlanke, muskulöse Katze mit keilförmigem Kopf,
hohen aufmerksam gespitzten Ohren und großen Augen dar. Sieht man von der
Behaarung ab, kann man sie als eine denn Waldkatzen durchaus ähnliche Katze
bezeichnen. Doch wie kamen sie von Ägypten in die rauen Wälder des Nordens?
Trotz
strengem Exportverbot gelang es immer wieder einzelne Katzen aus Ägypten heraus
zu schmuggeln. So gelangten Katzen mit den Phöniziern nach Europa, Persische
Eroberer nahmen sie als Souvenirs mit nach Hause und römische Legionäre
brachten sie nach Rom. Auch Händler und Kaufleute hatten einen Anteil an der
Verbreitung der Katzen. Auf diesem Weg kamen sie nach Italien und als
Schiffskatzen oder Geschenke auch nach Griechenland.
Ihr
Wert als Nutztier wurde jedoch erst im 5. Jahrhundert im Kampf gegen eine
furchtbare Rattenplage, die sich von Vorderasien und Russland aus nach Europa
ergoss erkannt. Mit ihrer Verbreitung in Europa entwickelte sich dann wohl in
Ableitung von dem nordafrikanischen GADA und KADISKA die Bezeichnung CATUS,
woraus das vulgärlateinische CATTA, das italienische GATTA, das französische
CHAT, das englische CAT und das deutsche KATZE entstanden.
Außer
wegen ihres praktischen Nutzens sollte die Katze auch sehr schnell wegen ihres
eigenständigen Charakters Bewunderer finden. Einige davon machten sie zum
Symbol für Unabhänigkeit und Mut. Doch die friedliche Koexistenz mit dem
Christentum sollte für die heiligen Tiere der germanischen Liebes- und
Fruchtbarkeitsgöttin Freya nur einige Jahrhunderte andauern. Zugleich mit Freya
wurden dann auch die Katzen als Symbol des Teufels von der Kirche geächtet und
gnadenlos verfolgt.
Im
gleichen Maße wie die Gesellschaft Finsternis und Schrecken des Mittelalters
entrann, entkam auch die Katze ihren Verfolgern. Schritt für Schritt hielt sie
als Sinnbild für Ruhe und Freude Einzug in die Salons und Boudoirs. Wobei die
aus Kleinasien mitgebrachten Angora- und Perserkatzen, die Vorläufer der
heutigen Rassen gleichen Namens, die mit unseren Walkatzen nicht näher Verwandt
sind als Siam- oder Kartäuserkatzen, besonders großes Interesse erregten.
Maine
Coon, Norwegische Waldkatze und die Sibirischen Katzen haben wahrscheinlich ihre
Wurzeln in denselben Populationen früherer Langhaarkatzen. Glaubte man zunächst,
das raue Klima hätte im Verlauf einiger Generationen ein verstärktes
Haarwachstum hervorgerufen, so ist man heute der Meinung das die Zeitspanne für
eine solch entscheidende Evolution zu kurz war. Deshalb geht man nun davon aus,
dass auf Grund spontaner Mutationen in der Vergangenheit bei einigen Katzen ein
rezessives Langhaargen vorlag und dieses bei entsprechenden Verpaarungen zu Tage
kam. Bedingt durch Einflüsse von Umgebung und Abstammung unterscheiden sich die
Langhaarkatzen von Anfang an in Typ und Fellbeschaffenheit. Je nach Herkunft
wurden sie als Ankara- bzw. Angorakatzen, als Persische Katze und als Russische
Langhaarkatzen bezeichnet. Die letzteren waren die Naturburschen unter den drei
Raritäten und dem Waldkatzentyp am ähnlichsten.
Zu
der Sibirischen Katze existieren leider nur wenige geschichtliche Fakten.
Erstmals erwähnt wird sie 1895 in einem Artikel der „Illustrierten Zeitung“
als ein grau-blaues Pärchen Sibirischer Hauskatzen des Dresdener Zoos. In
Brehms Tierleben aus dem Jahr 1915 wird eine rote „Tobolsker“ Katze aus
Sibirien beschrieben und 1925 eine „Kaukasisch-Kaumanische“ Katze. Harrison
Weir zeigte Ende des 19. Jahrhunderts, eine in seinem Besitz befindliche, damals
noch „russisch Langhaar“ genannte Katze auf einer Londoner Ausstellung. Doch
danach gerieten die Sibis wieder in Vergessenheit.
Erst
als sich die ehemalige UdSSR in den 80er Jahren langsam begann dem Westen zu öffnen,
wurden auch die ersten Katzen ( vor allem Perser ) importiert und weckten
schnell das Interesse an Rassekatzen, Katzenausstellungen und daran heraus
zufinden, welcher Rasse die Katzen angehörten die man selbst besaß. Es sollte
nicht lange dauern, bis der erste Verein gegründet wurde und die angehenden Züchter
begannen sowohl aus Haus- als auch aus Straßenkatzen solche auszuwählen die
ein gleiches Aussehen hatte. Dies sollte sich als nicht so einfach erweisen,
denn nach der 900 Tage Blockade der Stadt Leningrad während des 2. Weltkrieges,
waren nicht nur sehr viele Menschen gestorben, sondern auch die einst vorhandene
Katzenpopulation ausgerottet. Um die Rattenplage, die die Stadt nun heimsuchte
zu bekämpfen wurden Tausende von Katzen in allen Teilen der damaligen UdSSR
eingefangen und mit Zügen in die Stadt transportiert. Die phänotypisch sehr
unterschiedlichen Katzen vermehrten sich unkontrolliert in den Straßen der
Stadt, wobei die dem rauen Klima am besten angepassten Tiere einfach die
besseren Überlebenschancen hatten. Auf Grund dieser natürlichen Selektion, die
das längere wasserabweisende Fell mit einer in Winter dichten Unterwolle
bevorzugte, waren viele der Zuchtkatzen und –kater der 1. Generation unter den
damaligen Haus- und Straßenkatzen zufinden.
Mit
dem Kater „Roman“ stand wohl das bekannteste dieser Tiere Pate für den
ersten Standard. Als die halblanghaarigen sehr ursprünglichen Schönheiten
Zugang zu den großen europäischen Ausstellungen erhielten, sahen die Züchter
andere Semilanghaarkatzen und dass die Unterschiede der damaligen Sibis zu
diesen Rassen nicht deutlich zu sehen waren. Sie beschlossen die Rasse weiter zu
entwickeln. Der sogenannte eiförmige Typ mit einem relativ schmalen Kopf und
hohen Wangen sollte durch den ebenfalls in der Population vorhandenen
rundlicheren Typ mit breiten tiefangesetzten Wangen ersetzt werden. Das
Vorhandensein dieser unterschiedlichen Typen und die Tatsache das viele der
Katzen der 1. und 2. Generation in alle Welt exportiert wurden, und in den
jeweiligen Ländern die Standards dann anhand des Aussehens dieser wenigen Tiere
verfasst wurden, erklärt warum noch heute so viele unterschiedliche Standards
im Umlauf sind.
Der
zur Zeit offizielle WCF-Standard wurde 1991 von verschiedenen russischen Züchtern
und Richtern erarbeitet, vorgeschlagen und schließlich 1992 mit leichten Veränderungen
akzeptiert. Die Sibis waren beim WCF nun offiziell anerkannt. Die Fife folgte
dann 1998.
Der
WCF-Standard beschreibt u. a. eine harmonische Katze ohne Extreme und mit
schwerem Körperbau. Sie soll einen Kopf mit breiten Wangen und einer
abgerundeten Schnauze, sowie ein festes Deckhaar mit im Winter dichter
Unterwolle haben. Dieser Typ wurde u.a. von „Mars“, ebenfalls ein bekannter
Kater der Anfangszeiten, verkörpert.
Solche
Katzen gab es viele, doch lebten sie als halbwilde Hof- und Straßenkatzen. Auf
kleinen Informationsshows untersuchten nun Richter die mitgebrachten Katzen der
dort lebenden Bevölkerung. Auf diese Weise gelangten einige hervorragende
Katzen verschiedenster Farben in die Zucht und erweiterten damit den
Ausganggenpool. Dieser enthielt Agouti, Non-Agouti, verschiedene Tabbys, Rot,
Silver, Verdünnung, Weisscheckung und Colourpoint aber kein Chocolat oder
Cinnamon. Hervorragende Kätzinnen für die Zucht hatte man also gefunden, doch
die dazu passenden Kater zu finden sollte weitaus schwieriger sein. Die
halbwilden Straßenkater wie z. B. „Samson“ einzufangen und in einer kleinen
Wohnung zu halten, war sehr schwierig und gelang meist nur für kurze Zeit bis
diese einen Weg gefunden hatten zu fliehen. Ein echter Glücksfall war dann der
Kater „Max“, dieser wurde nach dem Tod seiner Besitzerin von einer Züchterin
adoptiert und durch eine lange erfolgreiche Zucht- und Ausstellungskarriere geführt.
Wobei sich die Ausstellungskarriere als durchaus schwierig gestaltete, den Max
war ebenfalls noch ein Sibirer der ersten Generation und halb wild. Weder
Besitzer noch Steward oder Richter kamen ohne Bisse oder Kratzer davon. Doch
schon die zweite Generation der Sibirer war lieb. Ihr russisches Temperament hat
sie aber bis heute behalten.
Während
in der ehemaligen DDR die Sibirische Katze oder Sibirski genannte Rasse schon
seit 1983 gezüchtet wurde, gelangten die Sibis erst 1987 mit russischen
Auswanderern nach Westdeutschland. Als die Tiere „Tima“ und „Mussa“, die
zu diesen Zeitpunkt schwanger war, dann aus persönlichen Gründen abgegeben
wurden und 1988/89 weitere Katzen aus der CSSR und der damaligen DDR nach
Westdeutschland kamen, begann auch hier die Zucht der Sibirischen Katze.
Die
Zucht der Neva Masquarade (Colourpoint Sibirer), die sich das Geheimnis ihrer
Entstehung bewahrt hat und ihren Namen ihrer Maskenzeichnung, sowie dem Fluss
Neva und der Überlieferung das sie dort das erste Mal gesehen wurde verdankt,
sollte sich als noch schwieriger als die Sibirerzucht erweisen. Die ursprünglich
wahrscheinlich aus freilaufenden Sibirern und Thaikatzen entstandene Rasse wird
mittlerweile in Russland schon seit über 10 Jahren planmäßig gezüchtet. In
Deutschland hat es die Rasse trotz der Tatsache, dass der erste außerhalb
Russlands registrierte Wurf 1992 hier geboren wurde, noch immer sehr schwer sich
durchzusetzen.
Die
Sibirische Katze ist eine robuste natürliche Rasse, die sich auch bedingt durch
die hermetische Abschottung vom Westen über viele Jahre in Lettland, Litauen
und dem heutigen Russland entwickeln und den regionalen Gegebenheiten anpassen
konnte. Viele Jahre lebte sie unentdeckt als Mäusefänger in den Bauernhöfen
Russlands, ebenso wie in den Straßen von St. Petersburg und entwickelte sich
durch natürliche Selektion zu den robusten, anhänglichen Sibirern die wir
kennen. In den langen kalten sibirischen Winternächten haben sie die Nähe der
Menschen gesucht, und dieses Verhalten auch in unseren gut geheizten Wohnungen
beibehalten. Doch trotz aller Anpassungsfähigkeit sind sie Individualisten mit
unterschiedlichen Charakteren, eigenem Willen und feurigem Temperament
geblieben. Die eigensinnigen, noch sehr naturnahen Sibirer sorgen des Öfteren für
Überraschungen. Mit ihrer ungeheueren Sprungkraft durchmessen sie mit einem
Satz ein ganzes Zimmer und entwenden einem schon mal „im Vorbeiflug“ die
Wurst vom Brot. Wen sie mögen, dem landen sie unvermutet auf der Schulter, um
dem auserwählten Menschen vor lauter Liebe die Haare zu durchwühlen und ihn
regelecht abzuküssen. Auch im Umgang miteinander kommt bei den geselligen Sibis
das feurige Temperament manchmal zum Vorschein. Die akustischen, wie motorisch
hitzigen Ausbrüche verfliegen meist in Sekundenschnelle wieder und werden
intern auch nicht als Auseinandersetzung gewertet, was Tiere andere Rassen oft
nicht verstehen.
In
den letzten Jahren gelang es dieser liebenswerten harmonischen Rasse mit ihrem
Charme immer mehr Menschen zu bezaubern und um die Pfote zu wickeln.